13.03.2014

Nochmalige Belehrungspflicht des Versicherers über Wahrheitspflicht des Versicherten

Der BGH hat entschieden, dass die Formulierung „Bewusst unwahre oder unvollständige Angaben führen zum Verlust des Versicherungsschutzes auch dann, wenn dem Versicherer keinerlei Nachteile entstehen" den Anforderungen der Relevanzrechtsprechung genügt. Ob eine solche Belehrung im Verlauf der Regulierung eines Schadens wiederholt werden muss, ist nach dem Umständen des Einzelfalles zu entscheiden (BGH, Urteil vom 22.06.2011, Az. IV ZR 174/09).

Im entschiedenen Fall hatte der Kläger bei seiner Versicherung einen Brandschaden geltend gemacht, der durch einen Weihnachtsbaumbrand am 24.12.2005 entstanden war. Bei einem Gespräch mit dem Beauftragten der beklagten Versicherung am 05.01.2006 wurde ein Protokoll gefertigt, welches die Formulierung

„Der Versicherungsnehmer ist verpflichtet, alle Fragen wahrheitsgemäß und Vollständig zu beantworten. Bewusst unwahre oder unvollständige Angaben führen zum Verlust des Versicherungsschutzes auch dann, wenn dem Versicherer keinerlei Nachteile entstehen."

enthielt. Diese Erklärung war auf jeder Seite des gefertigten Protokolls abgedruckt und am Ende befand sich eine vom Kläger unterschriebene „Schlusserklärung: Ich versichere hiermit, dass ich alle vorstehenden Angaben vollständig und wahrheitsgemäß gemacht habe."

Am 30.05.2006 waren der Beauftragte der Beklagten, die Anwältin des Klägers und ein von der Beklagten beigeordneter Sachverständiger erneut zu einem Besprechungstermin im Haus des Klägers. Der Sachverständige wurde beauftragt, die Angaben des Klägers auf Plausibilität zu überprüfen. Er stufte die Angaben zum Hergang des Brandes als unrealistisch ein, wobei er davon ausging, dass alle Fenster geschlossen gewesen waren. Die Beklagte kündigte darauf hin beide Versicherungsverträge und verweigerte weitere Leistungen. Der Kläger behauptete, zum Zustand der Fenster nicht befragt worden zu sein. Vor dem Brand habe seine Lebensgefährtin die Terrassentür angekippt.

Das LG und das OLG lehnten die Klage auf weitere 250.000,00 € ab. Die Revision zum BGH hatte Erfolg.

Der BGH stellte zwar fest, dass die von der Beklagten verwendete Belehrung genüge, um eine Leistungsfreiheit der Versicherung nach § 6 Abs. 3 Satz 1 VVG a.F. wegen vorsätzlicher folgenloser Obliegenheitsverletzung des Versicherten zu begründen. Jedoch gelte eine solche Belehrung nicht ohne weiteres für das gesamte Regulierungsverfahren fort. Es sei im Einzelfall zu prüfen, ob der Versicherungsnehmer bei einem späteren Zeitpunkt wieder schutzwürdig erscheine und eine Wiederholung der Belehrung dadurch nötig werde. Im vorliegenden Fall waren seit dem ersten Gespräch 5 Monate verstrichen und die Beklagte hatte bereits insgesamt 245.000,00 € bezahlt. Daher lag es für den Kläger nahe, dass es sich bei dem zweiten Termin lediglich um die Feststellung der Schadenshöhe handelte und nicht um weitere Ermittlungen der Brandursache. Dieser Punkt müsse vom Berufungsgericht berücksichtigt werden.